Philemon und Baucis

Kompositionen zum Opernfragment von Joseph Haydn

op. 18, 2003

Für Kammerorchester, Sänger-Schauspieler und Chor
Besetzung: 1.2.0.0. Sax., 2.1.1.0., Klavier, Harfe, Pauke, Schlagzeug, Cimbalom (oder Hackbrett oder Zither), Streicher, 4 Gesangs-Solisten, 9 Gesangs-Solisten bzw. Schauspieler. Der Chor besteht aus den 9 Gesangs-Solisten
Dauer: 90 min.

Konstantia Gourzi vervollständigte das fragmentarische Werk Haydns mit eigenen Kompositionen und integrierte es in ein neues künstlerisches Konzept
Kompositionsauftrag der Deutschen Staatsoper Berlin
Uraufführung: 26. April 2003, Magazin-Gebäude (heute Boulez-Saal) der Staatsoper Unter den Linden, Berlin
Orchester: Ensemble echo, Regie: Immo Karaman, Bühnenbild: Alexander Polzin, Dramaturgie: Ralf Waldschmidt, Solisten der Staatsoper, freischaffende Darsteller, Studenten der Hochschule Hanns Eisler Berlin, Dirigentin: Konstantia Gourzi

 

Werknotiz

Das Dirigieren von Joseph Haydns Symphonie Nr. 43 Es-Dur bildete den Ausgangspunkt der Beschäftigung mit seinen unbekannten und fragmentarisch überlieferten Werken. Fasziniert von Philemon und Baucis, einem Werk, das in der griechischen Mythologie und ihrer Götterwelt verwurzelt ist, entsteht eine ergänzende Neukomposition.

Die originale Haydn-Partitur ist für zwei Oboen, zwei Hörner, Pauken und Streicher komponiert. Die neue Musik enthält zusätzliche Instrumente: Flöte, Saxophon, Trompete, Posaune, Schlagzeug, Cymbal bzw. Hackbrett, Harfe und Klavier. Philemon und Baucis ist damit keine historisierende Komposition. Sie will das Alte durch die spezifische Mischung unterschiedlichster moderner Elemente neu erfahrbar machen. Oper als musikalischer Text und als Schauspiel, in dem Sänger-Schauspieler auf der Bühne stehen, nicht als „perfekte Stimmen“, sondern als Träger sprachlicher Klarheit verbunden mit körperlicher Präsenz und Emotionen.

Die Aufführungen im Magazin der Staatsoper Berlin, im Eisenbahn-Museum in Budapest oder in der Augustinuskirche in Schwäbisch Gmünd waren auch Anlass für eine Bearbeitung für kleine Besetzung, die die Intimität der Handlung des zweiten Teils unterstützt. Der Raum wird als tragendes Element in die Gesamtkonzeption integriert, er wird klanglich betrachtet und aus ihm geschöpft. So wird Philemon und Baucis als eine „mobile Oper“ realisiert, als ein langfristiges Experiment, um die Wirkung der Musik unter derart besonderen Umständen zu erkunden.

 

Pressestimmen

„Kongenial die musikalische Lösung des Partitur- und Texttorsos. Konstantia Gourzi kopierte oder ‚ergänzte‘ das Fehlende nicht ‚bloß‘. Mit der Neukomposition erreichte sie gültig ein ‚elliptisches‘ Ergebnis mit zwei Brennpunkten, nicht nur ‚untermalend‘, sondern in der Linearität gesungener Soli aussagestark. Dass das moderne Instrumentarium, Ergänzung des Haydenschen durch Flöte, Saxophon, Trompete, Posaune, Schlagzeug, Hackbrett, Harfe und Klavier, mehr als nur kommentierte, war das Bestechende der neu gefügten, aber differenzierten Einheit. Charakteristisch die Rollenbesetzung: ausgezeichnete, klangvolle als klangsinnige Vokalsoli, schauspielerische Kompetenz, beide im Chor vereinigt, die alle einzeln gewürdigt gehörten! Dazu ein prächtiges ensemble opus21musikplus, den Haydn nicht im Sound historisierter Information, sondern im heutigen Kontext gewachsenen Hörens musizierend. Die Komponistin dirigierte engagiert, gab genügend Freiraum in der Begleitung eigenständig interpretierender Sänger. Und das Ganze gelang dermaßen lebendig, jung und frisch, dass man nur begeistert sein konnte!“

Rems Zeitung, 25. Juli 2010

„(…) Komponistin, die es genial geschafft hat, das Alte mit neuer Musik erlebbar zu machen. Sie lässt ihrem Publikum die Freiheit, neue Musik nicht zu mögen, aber sie fordert von ihm, sich Neugier und Phantasie zu stellen. Das fiel nicht schwer, denn geradezu mühelos trug sie mit kompositorischem Gespür für Stimmungen und Intensität die Besucher durch die musikalischen Zeiten. (…) Gourzi hat mit dem Wechsel von Sprache und Gesang, mit einer erweiterten Instrumentierung von Hackbrett, Cymbal, Saxophon oder Posaune die Lücken nicht einfach geschlossen, sondern geschickt übergeblendet. Opulente Chorsequenzen, zauberhafte Duette, röhrendes Blech, eindringliche Melodiebögen und dann wieder spannungsgeladene Stille durchziehen das Werk. (…) Was blieb von Philemon und Baucis, von Alt und Jung? Wachgerüttelte Neugier. Begeisterter Applaus und Bravo-Rufe. Dank für ein neues Hörerlebnis. Und doch der Haydn’sche Nachklang im Ohr.“

Gmünder Tagespost, 23. Juli 2010

 

Partitur