Vibrato 1 und Vibrato 2

op. 38, 2010

Für Streichquartett und Klavier
Dauer: 8 min.

Kompositionsauftrag der Festspiele Europäische Wochen Passau 2010
Uraufführung: 19. Juni 2010, Straubing, Festspiele Europäische Wochen Passau. Streichquartett: Rodin Quartett, Klavier: Siegfried Mauser

 

Werknotiz

Vibrato 1 und Vibrato 2 für Streichquartett und Klavier ist eine Auftragskomposition der Europäischen Wochen Passau.

Das Wort Vibrato in dieser Komposition spiegelt das Schwingen einer Aktion und deren Reaktion wider. In Vibrato 1 schwingen die fünf Musiker „im gleichen Takt“ und in Vibrato 2 nicht „im gleichen Takt“.   

Beide Streichquartett-Partien von Vibrato 1 und Vibrato 2 sind identisch, nur die Klavierstimme unterscheidet sich. Bei Vibrato 1 folgt die Klavierstimme dem Rhythmus und dem Tempo des Streichquartetts. Bei Vibrato 2 gibt es in der Klavierstimme eine Melodie, die in vier Abschnitten im eigenen Tempo und eigenen Rhythmus unabhängig vom Quartett gespielt wird. Das erste Mal werden die vier Abschnitte in der angegebenen Reihenfolge gespielt. Bei der individuellen Wiederholung können sie in einer vom Pianisten entschiedenen Reihenfolge gespielt werden: der Spieler entscheidet, wann und wie oft während der Aufführung er seine Phrasen spielen möchte. Die überraschenden Klangmomente, die dadurch entstehen, sind hier gewünscht.

Dadurch wird eine eigene Klangwelt erzeugt, die konsequent bis zum Ende des Stückes -unabhängig vom Quartett – weitergeführt wird. Es ist auch möglich, dass der Pianist noch allein einen der Abschnitte weiterspielt, nachdem das Quartett seinen Teil beendet hat.

Die Streichquartett-Stimmen werden von Anfang bis Ende im 5/4-Takt gespielt und erzeugen einen Ostinato-Klang, der sich immer weiterentwickelt und schließlich als Unisono-Klang in diminuendo endet. Der 5/4-Takt hilft den Aufführenden, eine Spannung aufrecht zu erhalten, ohne der gewohnten Betonung eines 4/4-Taktes zu folgen.

Zwischen Vibrato 1 und Vibrato 2 ist es dramaturgisch hilfreich, ein Solo-Klavierstück zu spielen, um die unterschiedliche Spannung und Energie zwischen Vibrato 1 und 2 zu verdeutlichen. Das gemeinsame Musizieren findet in beiden Stücken statt, nur die Freiheit des Klavierspielers in Vibrato 2 die Zeit selbst zu bestimmen, wann er spielt und trotzdem gemeinsam mit dem Streichquartett zu musizieren, gibt dem Stück eine unerwartete Klangebene und Empfindung. Das Quartett hingegen spielt weiter, ohne vom Spiel des Pianisten beeinflusst zu werden.

In Vibrato 1 könnte der Pianist, um die Töne der linken Hand gedämpft zu gestalten, zum Beispiel ein dickes Buch auf die Seiten legen. Wenn die Seiten ohne Buch gedämpft werden, soll die unisono Stelle mit dem Cello so gemischt werden, dass der Klang vom Cello etwas stärker ist. Das Buch muss vor Vibrato 2 entfernt werden. 

© Norbert Banik

 

Pressestimmen

„Die vier Streicher des Rodin-Quartetts interpretierten mit Mauser überzeugend die beiden weiteren Uraufführungen ‚Vibrato 1‘ und ‚Vibrato 2‘, die sich nur durch einen anderen Klavierpart und ein klangfarblich anderes Präparieren des Flügels (mit Halsketten bzw. Notenblättern auf den Saiten) unterscheiden. Neben interessanten Streicherklangflächen kam in diesen Fünfvierteltakten auch die Begeisterung der Komponistin für Ostinatofiguren swingend zur Geltung. Ein origineller Abend des ‚Straubinger Wochenendes mit zeitgenössischer Musik‘ und der Europäischen Wochen.“

Passauer Neue Presse,  21. Juni 2010

„Die vielleicht experimentellsten Werke der CD sind ‚Vibrato 1‘ und ‚Vibrato 2‘ für Klavier und Streichquartett, ohne, dass die Musiksprache den Hörer überfordern würde. Denn das ist eine Konstante hier: Gourzis Musik ist immer sehr charakteristisch, rhetorisch, facettenreich und am Ende daher eingänglich und einprägsam. Gourzi will ansprechen, und sie erreicht es ohne Kompromisse, auf hohem Niveau.“

pizzicato.lu, 29. November 2014

 

Hörbeispiel

 

Partitur

CD

CD Konstantia Gourzi: Music for Piano and String Quartet
Konstantia Gourzi: Music for Piano and String Quartet

ECM Records, ECM New Series 2309, 2014

Lorenda Ramou und Ensemble Coriolis